Tagebuch eines Samariters in Chernarus (Vanilla) - Band 2 (1.21)

  • 09.07.2023 – Revision

    Gestern noch voller Euphorie und heute schon wieder auf dem Boden der Tatsachen. Chernarus lehrt mich immer wieder, dass Träume hier oft nur Schäume sind. Über Nacht sind die Wände wieder zerstörbar, das "Experiment" scheint beendet. Charly und die Crew sind elektrisiert, als sie diese Entdeckung mitteilen. Also ist alles wieder beim Alten. Mein anfänglicher Optimismus über die Sicherheit unserer Lager scheint naiv gewesen zu sein. Zwei Tore? Ein müder Witz! Ich beginne, unsere Verteidigung zu verstärken, schleppe Holz und Baumaterial herbei. Der Traum von weiteren WG-Projekten oder einem Autoteilehandel in Solnichniy? Vorläufig auf Eis gelegt. Die Notwendigkeit der Erstversorgung und der Schutz unserer Auffanglager ruft wieder. Hier werde ich gebraucht.


    In der Ferne hört Wolfgang einen Schuss, vielleicht aus Elektrozavodsk oder Kamyshovo, Genaueres ist unklar. Ich bin noch in Solnichniy und hoffe, in Ruhe meine Arbeit erledigen zu können. Dann mögen sie doch versuchen, unsere WG aufzubrechen – aber nicht ohne erheblichen Aufwand.


    Tabasko und Ravini erleben auf dem Weg zu Charlys Basis in Tisy ein Abenteuer der unerwarteten Art. In der Nähe von Sinystok werden sie von Wölfen angegriffen. Ravini erleidet dabei eine schwere Verletzung, Tabasko versorgt ihn jedoch und gemeinsam setzen sie ihre Reise fort. Charlys neues Domizil im Militärgebiet von Tisy ist, von dem was ich mitbekomme, beeindruckend. Nachdem die vorherige Basis der Jungs in Pavlovo geraided wurde (nochmal… wer baut denn bitteschön eine Basis in einer Gaszone? Das macht doch keiner…), hat Charly scheinbar nicht aufgegeben und ein neues Zuhause errichtet. Und da Charly nun einmal Charly ist, macht er keine halben Sachen und baut mitten in militärischem Sperrgebiet. Nerven hat er ja, das muss man ihm lassen. Und von einem Geheimprojekt mit 200 Kisten ist die Rede. Was hat er vor?


    Kämpfend gegen zahlreiche Zombies, schlagen sich Ravini und Tabasko weiter zu ihm durch, um zu helfen. Dabei wird Ravini bewusstlos geschlagen, aber Charly eilt ihm zur Hilfe. Schön, dass die Jungs dort oben aufeinander aufpassen.


    Übrigens ist Charlys Basis ist nicht die einzige Neugründung. Sogar Kanu hat die Freude am Bauen entdeckt und plant einen „Baywatch-Tower“ zwischen Berezino und Nizhnoye. Warum? Um verirrte Bambis zu retten, natürlich! Wenn ein Bambi sich verirrt, wird Kanu sich mutig mit seinem wasserdichten, roten Rucksack in die Brandung stürzen und den hilflosen Überlebenden retten, so der Plan.


    Und eine gute Nachricht erreicht mich: Max und Kevin haben Lebenszeichen gesendet! Die Gerüchte über ihren Umzug nach Namalsk waren falsch. Doch es gibt Ärger. Charly informiert mich lachend über etwas, das sich vergangene Nacht zugetragen hat. Dani ist heimlich in Max und Kevins Basis eingedrungen und wollte ihre Sachen in ihre (!) Fahrzeuge laden und abtransportieren. Eine Seite in mir möchte das relativieren. Eventuell hat Dani einfach nur den falschen Gerüchten geglaubt und darum gedacht, die Basis sei jetzt frei für alle? Er hat es doch bestimmt nicht böse gemeint. Tja… dann muss er sich nicht wundern, wenn Max und Kevin eines Tages an seiner Basis „anklopfen“, oder? Verstehen könnte ich es.

    Charly glaubt das keinen Moment und erzählt weiter mit einem dicken Grinsen. Die Geschichte nimmt eine überraschende Wendung, als ausgerechnet Max und Kevin Dani beim nächtlichen Ausräumen in ihrer Basis antreffen.


    Was mich überrascht ist, dass sie anstatt sofort zu schießen, erst bei Charly nachfragten, ob er davon Kenntnis hatte. Tja und unser Charly sagte natürlich ganz wahrheitsgemäß, dass er davon keine Kenntnis habe, aber es nicht auszuschließen sei, dass Dani auf eigene Faust agierte. Im Zweifelsfall sollen sie ihn einfach erschießen… Sehr diplomatisch, das muss man schon sagen.


    Sie haben ihn am Ende sogar laufen lassen. Charly fügt mit einem schelmischen Grinsen hinzu: „Tja ist doch nett, da hat der Dani ihnen auch schonmal die Autos gepackt.“ Ja… er hat gewissermaßen unaufgefordert beim Umzug geholfen, wenn man so will. Aber so ganz wohl ist mir bei der Entwicklung der Lage nicht. Ich mache mir so meine Gedanken, während ich weiter Holz schleppe.


    Später erreicht mich eine schockierende Nachricht: Tabasko wurde in Pustoshka angegriffen und aus seinem Auto herausgeschossen. Statt wegzufahren, möchte er jedoch den Angreifer stellen, wird dabei aber selbst überrascht. Er findet sich an der Küste wieder, sein Auto ist futsch. Wir spekulieren, wer dahinterstecken könnte. Der Schatten? Aber Charly wiegelt ab. Seit der Schatten von Henrik erwischt wurde, wird er nicht mehr für alle Vorkommnisse verantwortlich gemacht. „So leid es mir tut“, beginnt Charly, „aber der Schatten ist letzten Endes auch eben nur ein Mensch.“ Recht hat er damit sicher. Aber wer war es denn?

  • 10.07 – Unfallauto


    Die Spannungen nehmen zu. Aus Prigorodki erreicht uns die Nachricht, dass jemand begonnen hat, den „heiligen“ Manfred abzubauen. Wo einst der imposante Turm stand, ragt nun nur noch ein karges Gerippe in den Himmel und überblickt traurig das Bambi-Auffanglager. Tabasko und Charly nehmen die Nachricht überraschend gelassen hin, doch ich kann mir nicht helfen und muss mir schon wieder Sorgen machen. Wer steckt hinter dieser Aktion? Gerüchten zufolge ist Christian, der Sniper, der uns vor einiger Zeit in Prigorodki unter Beschuss genommen hat, zurück im Land. Ob er etwas damit zu tun hat? Ich hatte gehofft, dass wir nach der Aussprache zwischen Charly und ihm endlich Ruhe haben würden.


    Der tatkräftige Custer meldet sich wieder, und auch wenn es eine Weile dauert, bis wir seinen genauen Aufenthaltsort herausfinden (auf der Karte finde ich leider „mitten in der Walachai“ nicht…), freue ich mich über seine Gesellschaft. Er hat eine Kuh erlegt und bringt nun reichlich Fleisch mit zum Bambi-Auffanglager in Prigorodki. Diese Erinnerung ruft alte Geschichten wach, insbesondere jenen Vorfall, bei dem Charly und die anderen dachten, Custer sei ein Feind. Zum Glück konnte ich damals vermitteln und klären, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Er hat wirklich ein Talent dafür, in Schwierigkeiten zu geraten.


    Im Gespräch erwähnt Charly, dass wir schon lange nichts mehr von Johnny gehört haben. Bemerkenswert ist, dass sein Verschwinden genau mit dem Tag zusammenfällt, an dem eine Gruppe versuchte, das Hochhaus in Elektrozavodsk zu raiden, in dem sich Hendriks Basis befindet. Charly ist überzeugt, dass Johnny und Benni in dieser Aktion verwickelt waren und Johnny danach untergetaucht ist. Vielleicht wurde ihm die Sache zu heißt? Tabasko triumphiert: „Ich hab ja von Anfang an gesagt, da stimmt etwas nicht…“ und Wolfgang pflichtet ihm bei. Gut… ich gebe es zu, ich habe da vermutlich auch mal wieder zu leicht vertraut. Wolfgang stimmt ihm zu, und ich muss zugeben, dass ich vielleicht zu naiv war. Dennoch, niemand wurde verletzt, die Basis blieb intakt und die Jungs hatten ihren Spaß. Was will man mehr? Trotzdem beschäftigt mich der Gedanke an Johnny. Sollte in unserer Gemeinschaft jemals wieder ein Johnny auftauchen gibt es namenstechnische Problem. Ich werde den alten Johnny daher von nun an als „verräterischen Johnny“ bezeichnen müssen. Bei all den Namen verliert man ja leicht den Überblick…


    Ich durchstreife einen der Züge entlang der Küste und finde zwischen Niznoye und Berezino nur ein paar Essensreste. Enttäuscht setze ich meinen Weg fort, entlang der Küste und dann von Solnichniy in Richtung Prigorodki. Nach einigen Kilometern am Waldrand entlang stocke ich. Am Straßenrand steht tatsächlich ein schwarzer Gunter! Eindeutig ein Unfallwagen, denn es fehlen alle vier Reifen und die Front hat sich tief in eine Tanne gebohrt. Aber der Motor ist noch in Ordnung, auch wenn die Zündkerze ruiniert ist und Kühler samt Batterie fehlen. „Hört sich nach Charly an!“, scherzt Tabasko, aber dieser verneint. Schwarzer Gunter… schwarzer Gunter… in mir arbeitet es. Die Balzbubis hatten doch einen schwarzen Gunter! Möglicherweise hatten sie einen Unfall und ihn hier zurückgelassen? Das arme Auto. Ich würde ihn gerne flott machen. Batterie und Co. Kein Problem, aber die Reifen? Nur noch ein ruinierter ist vorne vorhanden. Ich beschließe nach Kamyshovo zu laufen und dort zu suchen.

    Eventuell habe ich ja Glück.


    Unterwegs läuft mir noch ein Hühnchen über den Weg und ich übe etwas das Schießen mit der Armbrust. Beim namenlosen Dorf gegenüber von Skalisty Island sehe ich noch kurz nach der Bambi-Versorgungskiste, aber diese ist nicht mehr an ihrem Platz. Skandalös! Aber ich entdecke sie schließlich in einem der Häuser und bringen sie zurück an ihren zugedachten Platz. Weiter geht es nach Kamyshovo. Dort durchsuche ich Autowrack um Autowrack, aber leider ohne Erfolg. Erst in Elektrozavodsks kleinem Vorort finde ich endlich einen Gunter-Reifen. Ein Kühler ist ebenfalls in der Nähe, also nichts wie zurück zum Unfallauto.


    Nach gefühlten Stunden erreiche ich endlich mein Ziel. Somit hat der Gunter nun einen Kühler und einen intakten Reifen sowie einen ruinierten. Gut, Letzterer ist besser als nichts, aber ich muss trotzdem zusehen, dass ich noch mindestens zwei Reifen, eine Zündkerze und eine Batterie finde. Also wieder zurück auf der Küstenstraße nach Elektrozavodsk. Meine Wandertour wird von Charly, Custer, Tabasko und Ravini im Funkkanal untermalt, die sich orientieren. Ravin überlegt umzuziehen, weiß aber noch nicht genau, wohin. Tabasko bietet ihm an, einen LKW vor seiner Basis zu parken, als kleine Starthilfe.

    Mein Herz macht einen Freudensprung, als ich einen Reifen auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt finde. Schnell ist er von dem Autowrack abmontiert und nach etwas Umsortiererei, die ich liebevoll das „Tetris-Minigame“ nenne, ist der Reifen auch schon in meinem riesengroßen Bergsteigerrucksack verstaut.


    Schwer bepackt geht die Reise weiter und nach langem Suchen ist mir das Glück hold. Ich finde tatsächlich noch einen Reifen, den ich aber erst abholen kann, nachdem ich den zweiten verstaut habe. Unterwegs finde ich schließlich noch eine Zündkerze und eine Batterie. Ein wahres Wunder, denn normalerweise findet man hier nichts, was man dringend sucht.

    Zurück am Gunter fahre ich das treue Gefährt in Richtung Solnichniy und beschließe, ihn erst einmal in einer Halle provisorisch einzuschließen. Es ist schon spät und die Aktion hat mich sehr viel Zeit gekostet, aber das Auto ist es auf alle Fälle wert.

    Ravini und Custer wollen noch gemeinsam los zum Airfield ziehen. Na viel Erfolg… ich hoffe, sie kommen heil wieder. Ich für meinen Teil bin heute schon genug gewandert und lege mich erschöpft schlafen.