Die folgenden Ereignisse haben sich so, oder so ähnlich, zwischen dem 06.08.2020 und dem 09.08.2020 zugetragen.
Dies ist eine Geschichte, die sich auf wahre Begebenheiten bezieht und trotzdem bleibt es nur eine Geschichte. Alle Personen sind frei erfunden, auch wenn sie existieren.
Zitat"Dies ist nicht das Ende! 365 Tage. Wir werden uns wiedersehen!"
Es scheint mir erst gestern gewesen zu sein, als Prof. Dr. Reb, eine namhafte chernarussische Mikrobiologin, uns diese Worte zurief, als wir uns so überstürzt in alle 4 Winde zerstreuen mussten und unser geliebtes Camp, unser Tishina, verließen. Nicht wissend, ob wir uns alle jemals wiedersehen würden. Ein ganzes Jahr ist inzwischen vergangen und auch, wenn wir in dieser Zeit keinerlei Möglichkeit hatten die anderen zu kontaktieren und nicht wissen, ob Tishina überhaupt noch steht oder von den Banditen dem Erdboden gleichgemacht wurde, wollen wir uns auf den Weg machen: Criosdan, unsere Retterin und Trägerin des Antigens, mit ihrem Leibwächter FetterLutz, zm4ster, ehemaliger Bürgermeister von Tishina, und meine Wenigkeit.
Wenn unsere Berechnungen stimmen, warten 250 km unwegsames Terrain auf uns, zerstörte Städte und nicht passierbare Straßen. Der Weg wird lang und hart, aber nach dieser ganzen Zeit ist es unsere einzige Chance die verbliebenen Tishinesen doch noch wiederzufinden.
Tag 1
In sengender Glut kämpft sich unser geschundener, mitternachtsschwarzer Defender durch die menschenleere Ödnis. Unablässig wirbelt Staub um uns herum auf. Die Luft flimmert und gaukelt mir Schemen vor, aber da draußen ist niemand, keine Menschenseele. Abgesehen vom unablässigen Summen, Surren und Zirpen der Insekten sind wir wirklich ganz allein hier draußen. Vor wenigen Jahren noch hätte mich diese Einsamkeit geängstigt. Heute bedeutet sie genau eines: Sicherheit. Wo keine Menschen sind, können auch keine Infizierten sein.
Klappernd und rasselnd quält sich der Defender immer weiter durch die Landschaft. Fetter Lutz kann uns nicht sagen, wie lange es die Maschine noch machen wird. Wir kommen eben so weit, wie wir kommen. Danach geht es zu Fuß weiter. Es ist weder das erste Mal, noch wird es das letzte Mal sein, dass wir uns ohne Fahrzeug durch die Postapokalypse bewegen müssen. Es wird mühsam werden, aber das sind wir längst gewöhnt. Unser Gepäck ist spärlich und auf das nötigste reduziert: Vorräte, Werkzeuge und Waffen, die Kleidung die wir am Leib tragen... und mein altes Logbuch.
Ein dunkler Fleck am Horizont zieht auf einmal meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich schaue lange hin, aber er verschwindet nicht. Langsam kann man auch durch die flimmernde Luft klare Konturen erkennen. Wir bewegen uns auf einen großen Gebäudekomplex zu. Ich kann mehrere lange Hallen erkennen, die meisten sind schon eingestürzt und mit langen, bleichen Gräsern überwuchert. Wir haben eine alte, verlassene Kolchose gefunden. Vielleicht gibt es hier einen Brunnen, an dem wir unsere Wasservorräte auffüllen können. Die sind bei dieser Dürre Überlebenswichtig.
Wir halten an. FetterLutz und zm4ster steigen als erste aus und sichern die Gegend. Aber der erste Eindruck bestätigt sich und alles ist verlassen. Also schnappen wir uns unsere Töpfe und Kanister und machen uns auf zum Brunnen. Während Crio und ich die Behälter füllen, verschwindet FetterLutz hinter einem der Stallgebäude. Plötzlich zerreißt ein markerschütterndes Kreischen und Grunzen die Stille. Blitzschnell ziehen wir unsere Waffen und eilen in die Richtung in die Flutz verschwunden ist. Vorsichtig spähen wir um die Gebäude Ecke und was uns dort erwartet hat keiner von uns erwartet. Da hockt Flutz auf dem Boden, mit blutverschmierten Händen und einem breiten grinsen im Gesicht zerlegt er fachmännisch das gerade von ihm erlegte Schwein. Es sieht so aus, als stünde für heute ein BBQ auf dem Speiseplan. Ausgezeichnet!
Nachdem all unsere Vorräte verstaut sind, machen wir ins wieder auf den Weg. Es kann jetzt nicht mehr weit sein nach Tishina. Langsam weichen die offenen und ausgedorrten Felder auch den dichten, schattigen, uns gut vertrauten Nadelwäldern und endlich lässt auch die Hitze etwas nach. Die warme, trockene Luft ist erfüllt vom Duft der Fichtennadeln, die den sandigen Waldboden komplett bedecken und alle Geräusche dämpfen. Schwerfällig kämpft sich der Defender voran. Die Vegetation hat sich viel zurück erkämpft in diesem einen Jahr und doch lassen sich markante Wegpunkte wiederfinden. Wir passieren ein verlassenes, namenloses Dörfchen, vorbei an einem kleinen Bachlauf, an dem vor vielen Jahren schon jemand eine merkwürdige Waschmaschine entsorgt hat. Und da ist es auf einmal, das Schild, dass uns allen Heimat verkündet: Camp Tishina. Beinahe hätten wir es nicht gesehen, so zugewuchert ist hier alles. Aber durch das Unterholz und die dichten Tannen schimmert noch immer das liebliche himmelblau der Krankenbaracke. Wir sind zu Hause.
Kaffeekränzchen Tishina Style
Die mitgebrachten Vorräte werden schnell im Keller des Blockhauses verstaut. Die kleinen Hütten müssen ordentlich durchgelüftet und von ganzen Armeen von Spinnen und Insekten befreit werden, aber sonst sind sie noch vollkommen intakt. Auch die Einzäunung des Campgeländes ist noch voll funktionstüchtig. Bei einem Rundgang fallen uns allerdings viele kleine Kothaufen auf dem Gelände auf. Wir blicken uns wehmütig an und schwelgen gemeinsam in Erinnerungen. Hach Zoppel, hoffentlich hast du es geschafft da draußen. Jetzt können wir nur noch warten und hoffen, dass wir Prof. Dr. Rebs Worte vor einem Jahr richtig gedeutet haben, also setzen wir uns auf die Bänke vor dem Blockhaus und tun genau das.
Und als wäre es ein Zeichen der Götter, welche auch immer von ihnen noch da oben sind, hören wir kurze Zeit darauf Motorengeräusche. Es gibt hier draußen nichts, gar nichts, außer tiefe Wälder und unser verlassenes Camp. Niemand verirrt sich durch Zufall hier her, es muss also jemand von unseren Leuten sein. Trotzdem, Vorsicht ist besser als Nachsicht, also verschanzen wir uns vorsorglich im Blockhaus und beobachten mit gezückten Gewehren und Schrotflinten durch die verbarrikadierten Fenster wie ein Fahrzeug auf das Gelände fährt. Die Beifahrertür öffnet sich und niemand geringeres als Prof. Dr. Reb höchstpersönlich steigt aus.
Wir begrüßen uns herzlich. Reb wird begleitet von ihren Leibwächtern Schippel und HalfMoon. Sie berichtet, dass sie alle das vergangene Jahr auf Storozh verbracht haben. Die Überwachung von Patient Zero sei aber inzwischen von der neuen Übergangsregierung organisiert worden und man hätte ihn aus Süd Zagorien geschafft, um ihn in einem unterirdischen Hochsicherheitslabor weiter zu beobachten und um das Gegenmittel weiterzuerforschen, um schnellstmöglich in die Großproduktion zu gehen. Noch gebe es Schwierigkeiten mit unerwünschten Nebenwirkungen wie Amnesie und dem periodischen Verlangen nach menschlichem Hirn alle 3 Wochen, auch wenn Patient Zero nicht mehr ansteckend ist. Das sind überaus gute Neuigkeiten, auch wenn wir uns nach diesem einen Jahr mehr Fortschritt erhofft hatten. Aber sei's drum. Die Hauptsache ist, dass wir alle es bis hierher geschafft haben.
Das Team um Prof. Dr. Reb verstaut ebenfalls seinen Proviant im Blockhaus und wir gehen anschließend gemeinsam eine Runde durch das Lager, vorbei an den kleinen Hütten, dem noch immer funktionierenden Brunnen und wollen gerade zu den Garagen oben am Sportplatz, als wir von einem Geräusch überrascht werden. Es ist so unvermittelt und menschlich, dass uns ein eiskalter Schauer über den Rücken läuft. Irgendwo pfeift jemand eine Melodie. Wir sind nicht allein in Tishina! Wir ziehen unsere Waffen, die wir stets bei uns tragen. Halfmoon stellt sich schützend vor Prof. Dr. Reb, während Schippel und FetterLutz sich vorsichtig auf das Geräusch zubewegen. Zm4ster, Criosdan und ich übernehmen die Flanke.
Durch das wilde Dickicht, dass rings in und um Tishina gewuchert ist sehen wir eine alte Barracke auftauchen. Sie ist schmal mit winzigen, vergitterten Fenstern. Das Pfeifen scheint von dort zu kommen. Das alte Lagergefängnis, wie uns zm4ster flüsternd erklärt, hat nur einen einzigen Eingang. Wenn dort drinnen jemand auf uns lauert, hat er nur den einen Ausweg. Wir beschließen auf Nummer sicher zu gehen und während Schippel und Flutz ihre Stellung halten schleichen Criosdan, zm4ster und ich uns von hinten in einem weiten Bogen an das Gebäude. Wir spähen durch die vergitterten Fenster und versuchen etwas im düsteren Inneren zu erkennen, aber alles scheint leer zu sein. Doch plötzlich sehe ich Bewegung aus den Augenwinkeln. In der ersten Zelle bewegt sich etwas oder jemand. Ich gehe den Hügel etwas weiter nach oben und schaue durch das Scope meiner Waffe in die Zelle. Tatsächlich, eine menschliche Gestalt befindet sich darin.
Ich gehen zurück zu den anderen, um ihnen zu berichten, während Crio und zm4ster die Stellung halten und die Person weiter ins Visier nehmen. Schippel entscheidet sich es zu wagen und öffnet vorsichtig und leise die schwere Außentür des Gefängnisses und späht hinein. Auf einmal fängt er an zu lachen. "Die Zelle ist verriegelt! Hey Meister, was hast du angestellt, dass sie dich hier reingesteckt haben?"
Murmeln und Brabbeln ist zu hören , gefolgt von einem "Rick, bist du das?"
Keine Ahnung, wer dieser Rick-Typ ist, aber der Kerl in der Zelle scheint nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben. Er fängt wieder an zu pfeifen. Von Schippels Ausruf angelockt kommen auch Crio und Zm4ster wieder von ihrer Position herunter. Wir beratschlagen uns, was wir mit dem Kerl in der Zelle tun sollen. Keine Ahnung wie lange er da schon drin sitzt, aber wir können ihn ja schlecht da drin verhungern und verdursten lassen.
Zm4ster meint sich zu erinnern, dass es hier in der Gegend mal eine Art Möchtegern Terroristen mit Lederjacke und rotem Bandana vorm Gesicht gab, der ständig von den Leuten 50% gefordert hat. Auf was und wofür, und ob Tiernahrung auch inbegriffen war, keine Ahnung. Aber er glaubt, dass das der Typ sei. Er weiß auch eine todsichere Methode, um das zu überprüfen. Vor ein paar Jahren hat Zed ihm wohl ne Ladung schrot in den Hintern geschossen. Die Narbe sollte noch deutlich zu sehen sein.
Schippel, als unser Tank, geht wieder vor. "Hey Meister, wir haben nen Deal für dich. Du lässt die Hosen runter, dafür kriegst du ne schöne Cola und ein leckeres Steak. Und wenn du dich benimmst, darfst du dir vielleicht auch mal die Beine an der frischen Luft vertreten." Wieder brummelt der Typ vor sich hin. Irgendwas mit irgendeiner Lucille und heiliger Scheiße. Naja, eben nicht alle Tassen im Schrank. Aber er tut was Schippel von ihm verlangt. Und wirklich, es ist unser Möchtegern Terrorist.
Wir reichen ihm die Vorräte in die Zelle und er schlingt sie gierig runter. Zum Glück hat er, wie ich sehen kann, die Hose vorher wieder hochgezogen. Als er fertig ist, wischt er sich den Mund mit dem Handrücken ab, bindet sich sein Bandana wieder richtig um und sagt " Ich bin Negan "
Na immerhin kann er sich noch an seinen eigenen Namen erinnern. Da er unbewaffnet ist und es um Tishina weit und breit nichts gibt, außer tiefe Wälder und verfallene Dörfer, entschließen wir uns ihn aus seiner Zelle zu lassen. Er kann sonst nirgendwo hin. Beim kleinsten Fehltritt, versichern wir ihm, kann er aber mit ner zweiten Ladung Schrot für sein Hinterteil rechnen.
Um dem Ganzen etwas Nachdruck zu verleihen teilt Prof. Dr. Reb als Vorgeschmack gleich erstmal eine zünftige Kopfnuss an den Herrn Negan aus.
Als wir mit Negan gerade Richtung Blockhaus zurückgehen hören wir erneut das Geräusch von Motoren und Reifen auf Schotter. Noch bevor wir das Tor erreicht haben wälzt sich ein ungetüm von Fahrzeug durch das Tor des Lagers. So etwas habe ich noch nie gesehen! Was zum Geier ist das?
Quietschend und rasselnd kommt das Gefährt zum Stehen und 4 schwer bewaffnete Männer in ABC Ausrüstung steigen aus. Der Fahrer zieht sich die Gasmaske vom Kopf und grinst uns an: "Geiles Teil, oder? Hab ich mit dem 3D-Drucker gemacht." sagt kein anderer als HToneill. Jetzt setzen auch die anderen ihre Masken ab und es sind Frank22143 , Urs und ExitCS die sich mit diesem Experimentalgefährt aus dem Hause Oneill den Weg durch die unwegsame Apokalypse bahnen. Wir fallen uns in die Arme und begrüßen uns freudig. Nur unser neuer, Negan, steht abseits und beäugt das Ganze misstrauisch. Ich glaube er ist öffentliche Zurschaustellung von Zuneidung nicht gewöhnt. Er scheint ein bisschen neidisch zu sein.
Nach der Berüßung setzen wir uns alle im Blockhaus zusammen und stoßen auf das wiedersehen an. Exit berichtet, dass unsere Elitesoldaten Erkan S. Besser , MajorSemmi und Logan86 einen strenggeheimen Spezialauftrag außerhalb von Süd Zagorien ausführen. Wir spekulieren wild, was dieser geheime Auftrag sein könnte. Vielleicht gehören sie sogar zu Patient Zeros ( auch genannt Gomorrha) Wachkommando, wer kann das schon sagen. Wiedersehen werden wir sie dieses Jahr leider nicht, aber Exit wird eine Botschaft über die Milizpost übermitteln lassen, dass wir sie nächstes Jahr wieder in Tishina erwarten!
Die Neuankömmlinge verstauen ihre Ausrüstung in den Hütten und sind gerade dabei ihre ABC-Anzüge abzulegen, als nicht unweit des Camps ein seltsames Geräusch ertönt. Ein Klingeln...oder Läuten? Eine umherstreunende Kuh vielleicht? Nein, dafür ist der Klang zu klar, das kann keine Kuhglocke sein. Eine einsame, dunkel gewandete Gestalt wandert auf dem kleinen Pfad Richtung Tishina und läutet dazu eine Glocke. Was soll das? Wer ist das? Und wieso trägt dieser jemand so eine schwarze Kutte, die aber gleichzeitig nur knielang ist? HTOneill beschließt der Sache auf den Grund zu gehen. Seienn ABC-Anzug hat er noch an, er schnappt sich eine Schaufel und geht zielstrebig auf die Person zu. Ein kurzer Schrei "Oh mein Gott, Thomas!" ist von der Gestalt zu hören, aber dann sprechen die beiden ganz normal mtieinander. Oneill senkt die Schaufel und gemeinsam betreten alle beide das Lager. Der Neue stellt sich als Murphy vor, aber wir dürfen ihn auch ErnaVII. nennen. Keine Ahnung warum, aber dahinter verbirgt sich sicherlich eine spannende Geschichte. Er sei Wanderpriester der Kirche der Aufgehenden Sonne, sagt er. Er bringe das Wort des Goldenen Gurkenschälers und allen Überlebenden Frieden und Segen. Jetzt macht sein Aufzug auch etwas mehr Sinn, aber Priestergewänder sind mir anders in Erinnerung gewesen. Wenn man genau hinsieht, scheint es mehr ein schwarzer, knielanger Bademantel zu sein, den er trägt... mit etwas Papier im Halsausschnitt, um den Priesterkragen zu simulieren. Nunja, es ist die Postapokalypse, man muss ich eben irgendwie behelfen und Improvisationstalent ist eine nicht zu unterschätzende Gabe.
Die Sonne geht bereits unter und wir erwarten heute keine Neuankömmlingge mehr. Der Weg nach Tishina ist schon bei Tageslicht kaum zu finden. Nachts wird sich niemand in diesen Wädern bewegen. Also machen wir uns daran das Essen für den Abend vorzubereiten und Holz für ein Lagerfeuer zusammenzutragen. Das von Flutz erlegte Schwein wird fachännisch zerlegt und über dem Feuer gegrillt. Und es füllt bald unsere Mägen und lässt uns zufrieden aufseufzen und in gefräßigem Schweigen in den Nachthimmel starren. Die Wälder um uns sind ruhig, die Grillen zirpen und nach der Glut des Tages bringt die Nacht angenehme Kühle. Wir fühlen uns sicher und zufrieden in unserem Tishina, denn es ist und bleibt irgendwie unser zuhause.
Noch ist unsere kleine Familie nicht vollständig, wenn auch um 2 Neue Mitglieder reicher. Wobei ich Negan gegenüber noch misstrauisch bin. Es wird sich zeigen, ob man ihm vertrauen kann. Sicherheitshalber verfrachten wir ihn über Nacht wieder in seine Zelle. aber da wir keine Unmenschen sind geben wir ihm ein Kissen und eine Decke mit und eine schöne Tasse heißen Kakao. Und ich glaube sogar ein leises und gebrummeltes Danke hinter dem roten Bandana gehört zu haben.